730 Menschen brauchen die Tafel
Immer mehr Bedürftige kommen zur Essensausgabe des DRK-Kreisverbands Wanzleben
Diese genauen Zahlen an Bedürftigen hat die Leiterin des sozialen Zentrums, Barbara Schürmann, erst vor ein paar Tagen ermittelt. "Im ersten Augenblick mag das beruhigend klingen", sagt sie. „Aber es verbergen sich viele Einzelschicksale dahinter, denen wir jeden Tag begegnen."
Die 730 Bedürftigen können sich auf noch in Bedarfsgemeinschaften aufteilen lassen. Dahinter stehen dann ganze Familien - das sind allein 250 in der Statistik. Auf die Zahl der Einzelpersonen hochgerechnet dürfte die Tafel in Wanzleben durchaus auf über 1000 einzelne Menschen kommen, die hier in der Realität versorgt werden. Das ist so gesehen schon eine Hausnummer. In dem Zahlenwerk finden sich 100 Rentner, die den Weg zur Tafel nehmen müssen, da ihre Rente nicht mehr zum Leben reicht.
Von den ukrainischen Flüchtlingen in der Region gehen auch etwa 100 zum Alten Bahnhof, um sich zu versorgen. "Hier haben wir die Tendenz, dass mehr in die Heimat zurückkehren, als dass sie neu dazu kommen", sagt die Leiterin. Die Zahl der Stammkunden bleibe auch deshalb annähernd gleich, weil etliche in Arbeit gekommen und ältere Bürger verstorben sind. Genau genommen verbirgt sich hinter den Zahlen also doch ein leichter Anstieg.
Während in Deutschland speziell in den größeren Städten Versorgungsprobleme aufgetaucht sind, hat Barbara Schürmann diese Sorgen nicht. „Mit diesem Problem haben wir uns noch nicht beschäftigen müssen", äußert sie sich. „Die Versorgung mit Spendengütern ist sichergestellt, wenn es auch einmal Höhen und Tiefen gibt." Seit etwa einem Jahr hat eine namhafte Spedition aus der Region die kostenfreie Auslieferung der Waren übernommen. „Das hat sich bewährt und ist eine Riesenhilfe für die Tafeln", betont die Leiterin.
Zudem hat die Tafel in Wanzleben im zurückliegenden Jahr von etlichen Spenden profitiert. Da kamen satte 14000 Euro zusammen, allein aus der Aktion des Paritätischen und der Volksstimme waren es 8200 Euro. "Das war ein warmer Regen für unsere Projekte und Vorhaben", schätzt Barbara Schürmann ein. „So etwas haben wir nicht in jedem Jahr." Auch im Kleiderladen sieht die Situation etwas entspannter aus. Hier werden durchschnittlich 6500 Kilo an Kleidern und Bedarfsartikel bewegt.
Derzeit läuft hier noch ein Sommerschluss-Angebot. Genug kann die Tafel natürlich nie haben. Daher sind Spenden von Kleidung, Schuhen, Kosmetikartikeln aber auch haltbaren Lebensmitteln immer gefragt. "Da sind Nudeln und Büchsen eine echte Hilfe, da wir die auch für Notfälle lagern können", beschreibt die Leiterin des sozialen Zentrums.
In Sachen ehrenamtliche Helfer ist das Team bei 22 Personen angelangt, die sich mit der Logistik, dem Abpacken von Tafelbeuteln und dem Sortieren von Bekleidung beschäftigen. Einen Aufnahmestopp von Bedürftigen gibt es in Wanzleben nicht. Eine solche Maßnahme würde nicht dem Grundgedanken des DRKKreisverbands Wanzleben entsprechen.
„Eher würden wir die Lebensmittelbeutel knapper packen", sagt die Barbara Schürmann. „So eine Situation hatten wir aber noch nicht und werden sie auch nie haben." Sachspenden werden übrigens an jedem Wochentag in der Zeit von 8 bis 13.30 Uhr angenommen.
„Zuletzt ist es auch vorgekommen, dass uns Gärtner ihre Erzeugnisse vorbeibringen", erzählt sie weiter. "Das ist natürlich ein sehr gern gesehener Service. So gibt es frische und ökologisch einwandfreie Waren für die Bedürftigen." Das Interesse, den eigenen Garten beim Alten Bahnhof zu bewirtschaften, hält sich dagegen in Grenzen. "Wer das aber gern ehrenamtlich für die Tafel übernehmen würde, ist gern gesehen", sagt Barbara Schürmann. Letztendlich sei die Begrünung mit Blumen aber ebenfalls willkommen.
In der Entwicklung bis zum Jahresende wird eine Steigerung der Kundenzahl erwartet. „Betrachtet man die nicht gerade ermutigenden Signale aus der Wirtschaft, dann müssen wir uns auch auf diesem Gebiet wappnen", erklärt die Leiterin. Ab Herbst sei noch in jedem Jahr eine leichte Steigerung zu verspüren gewesen. Der Trend, dass Bedürftige mehrfach zu den Tafelausgaben in der Woche kommen, besteht nach wie vor.
Volksstimme, 16.08.2023 (Christian Besecke)