Endlich raus aus dem Winterschlaf
DRK Kreisverbände im Bördekreis blicken mit Sorge zurück / Große Pläne für 2022
„Wir mussten unsere Arbeit immer wieder hoch- und runterfahren, das hat uns das ganze Jahr begleitet“, sagt Carolin Sauer, Koordinatorin für Vereinsarbeit des DRK-Kreisverbands Wanzleben am Telefon. Sie schaut auf das zweite Pandemiejahr, das Jahr 2021, mit Sorge. Eine der wichtigsten Grundpfeiler, des DRK, den vom Verein organisierten Blutspendetermine, geriet zwar nicht ins Wanken – über 2100 Blutspenden im Vorjahr bei 54 Terminen. Allerdings ergaben sich ungeahnte Hürden.
Die Hemmschwelle mancher Blutspender stieg mit den Corona-Hygienevorschriften, wie zum Beispiel das bei Spenden-Terminen vorgeschriebene 3G; also geimpft, genesen oder getestet. „Früher saß man noch nach der Spende zusammen am Tisch, aß etwas, unterhielt sich“, sagt Carolin Sauer. Blutspende im Jahr 2021 in Wanzleben sah so aus, dass die Spender ihr Blut gaben und anschließend mit einem Lunchpaket unterm Arm zügig gehen mussten. Gemeinschaftlicher Zusammenhalt, wie es Sauer nennt? Fehlanzeige.
Obendrein bleiben immer mehr Menschen dem vom DRK bereitgestellten Kleiderladen im sozialen Zentrum „Alter Bahnhof“ fern. Bedürftige seien von der dort aufgelegten 2G-Regel abgeschreckt. Positiv: Die dort ebenso ansässige Tafel werde trotz Hygienekonzepte weiterhin gut angenommen. Gleiches gelte laut Sauer für die vom Kreisverband betriebenen Test- und Impfstellen in Wanzleben und Eilsleben. Mitgliederschwund
Ein weiteres Problem, das sich vor allem nachhaltig auf das DRK auswirken könnte, zeigt sich bei den Mitgliedern- oder besser gesagt, deren Anzahl. Mehr als 2100 Mitglieder zählt der DRK Kreisverband Wanzleben. Viele von ihnen, vor allem Ehrenamtliche, waren „schlichtweg nicht im Einsatz“, wie Carolin Sauer sagt. Auch aus Angst vor Infektionen mit dem potenziell tödlichen Coronavirus. Und obwohl der Kreisverband im vergangenen Jahr einige Mitglieder hinzugewinnen konnte, dünnen sich die Reihe aus. Sauer: „Die Altersstruktur unserer Mitglieder ist sehr hoch, viele schaffen es gesundheitlich nicht mehr.“ Oder sie sterben schlicht. Über sechzig Mitglieder verlor das DRK Wanzleben allein im vergangenen Jahr. Tendenz steigend. Denn selbst wenn, so Sauer, zwanzig neue Mitglieder sich dem Kreisverband anschlössen, reiche das noch lange nicht, um den Schwund abzufedern. Ein Dilemma.
Einige Kilometer weiter westlich von Wanzleben, sitzt der DRK-Kreisverband Börde, der auch zuständig für Oschersleben und Umgebung ist. Ralf Kürbis ist Vorstandsvorsitzender des Kreisverbandes mit Sitz in Haldensleben. Den Verband unterstützen laut eigener Aussage mehr als dreitausend fördernde Mitglieder, die Bereiche Soziale Arbeit und Ehrenamt. Doch auch hier seien die Mitgliederzahlen rückläufig, auch hier lege es an dem sehr hohen Altersdurchschnitt.
Klar ist, dass das DRK von Mitgliedern lebt und Ehrenamtliche eine wichtige Stütze der Vereine darstellen. Das DRK Wanzleben unterstreicht, dass sie notwendigerweise auf die Mitglieder angewiesen sind, „auch wegen der Beiträge“, so Carolin Sauer. Breche dieser Faktor weg, könnte das ganze Fundament des Vereins ins Wanken geraten. Doch wie dagegen vorgehen? „Es gibt kein Patentrezept, um Menschen für das DRK zu gewinnen“, stellt Sauer fest und wirkt fast verzweifelt. Thema, das für Jahr 2023 weit oben auf der Tagesordnung stehen werde, so die Koordinatorin.
Noch ist nicht abzuschätzen, wie sich dieses Jahr, das dritte Corona-Jahr in Folge entwickeln wird. Das DRK Wanzleben lässt sich davon nicht abhalten und plant. Am 14. Juni soll das erste Mal seit zwei Jahren wieder eine Auszeichnungsveranstaltung sattfinden, bei der die fleißigsten Blutspender geehrt werden sollen. Eigentlich eine Traditionsveranstaltung, seit der Pandemie nur noch eine Erinnerung an bessere Zeiten. Im Herbst soll zudem die Kreisversammlung sowie gemeinschaftliche Aktivitäten wie das Seniorensportfest stattfinden. „Wir wollen zurück zur Normalität“, sagt Carolin Sauer vom DRK Wanzleben. Gemeinsame Gymnastik, Basteln, das Digitalcafe, wo Senioren an moderne Technik herangeführt werden – alles in der Warteschleife, mit Blick auf die Inzidenzzahlen. Ein Großprojekt, verrät Sauer, sei auch in Planung. So soll das Rot-Kreuz-Zentrum in Eilsleben erweitert werden, im Sinne der Quartiersentwicklung. Noch könne sie dazu keine Details preisgeben.
Ähnlich hoffnungsvoll blickt der für Oschersleben zuständige DRK-Kreisverband Börde in das laufende Jahr. Schwerpunkte seien laut Verbandschef Ralf Kürbis die Nachwuchsgewinnung im Haupt- und Ehrenamt: „Daneben festigen und erweitern wir unsere Angeboten, insbesondere in den Bereichen der ambulanten und teilstationären Pflege, der Eingliederung sowie im sozialen Bereich, der Wohlfahrts- und Sozialarbeit.“ Ein Highlight, das lange aufgeschoben und nun dieses Jahr stattfinden soll, ist zudem die Feierlichkeit zum 10-jährigen Bestehen des Kreisverbandes; eigentlich schon am 14. August 2020 begangen, soll dieses nun nachgeholt werden. Kürbis: „Wir hoffen darauf, unsere Angebote an allen Standorten im Bördekreis im Laufe des Jahres ohne Einschränkungen umzusetzen und nach außen zu öffnen.“
Auch die so wichtigen Blutspendetermine werden im Landkreis in diesem Jahr vorgenommen, versichert Ralf Kürbis. Die Zahlen seien 2021 noch „weitgehend stabil“ gewesen, über 7300 Menschen spendeten bei 142 Terminen ihr Blut, auch wenn viele Termine wegen Corona abgesagt werden mussten. Wann und wo in diesem Jahr zur Blutspende aufgerufen wird, ist auf der Internetseite zu lesen. Gleiches gilt für den DRK-Kreisverband aus Wanzleben.
Corona zerfurcht das Deutsche Rote Kreuz im Landkreis. Ralf Kürbis untermauert: „Die Belastung unserer Mitarbeiter war und ist teilweise enorm“. Wichtig sei deswegen in diesen Tagen „ein großer Zusammenhalt und Unterstützungswille“, um die „Herausforderung in dieser Zeit gemeinsam zu bewältigen.“ Oder, wie es Carolin Sauer aus Wanzleben formuliert: „Wir wollen raus aus dem Winterschlaf“.
Blutspendetermine finden Sie unter www.drk-wanzleben.de oder www.drk-boerde.de
Volksstimme, 28.02.2022 (Nico Esche)