Mehr Blut muss fließen
Blutspendedienste hoffen, dass Lockerungen der Corona-Maßnahmen Aufschwung bringen
Fast von der ersten Minute an hatte Sabine Tacke vom DRK-Kreisverband Wanzleben am Mittwoch an der Artmeldung zur Blutspende im Wanzleber Kinder- und Jugendzentrum „Tenne" gut zu tun. Insgesamt gaben sich diesmal 58 Blutspender in vier Stunden die Klinke in die Hand. Unter ihnen war auch Michael Prosovsky, der schon seit Jahren regelmäßiger Spender ist. „Ich will anderen Menschen das Leben retten", fasst er kurz und knapp seine Intension zusammen. So wie für ihn gehörte die Blutspende auch bei Romy Brentrop zu den ersten guten Taten in diesem Jahr, 16 Stempel hat sie auf ihrem Spenderpass schon gesammelt. „Den Denkanstoß hat mir eigentlich damals meine Mama gegeben, die sehr krank war und Blut brauchte. Da habe ich mich gefragt, warum gehe ich als gesunder Mensch nicht selbst auch Blut spenden", erzählt sie.
So denken offensichtlich aber immer noch zu wenige, denn die Zahlen sind für die Blutspendedienste in Deutschland besorgniserregend. Insgesamt sind es sechs DRK-Blutspendedienste in Deutschland sowie weitere Einrichtungen, die für die Versorgung mit Blut sowie Blutpräparaten rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr sorgen. „Trotzdem konnten die Blutspendeaufkommen 2022 die Bedarfe der Kliniken nicht vollends decken", erklärt Markus Baulke, Pressesprecher beim DRK-Blutspendedienst NSTOB.
Um eine sichere Versorgung zu gewährleisten, hätten 2022 im Gebiet der DRK-Blutspendedienste NSTOB und Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 695000 Blutspender zu einem Blutspendetermin erscheinen müssen. (Die Abkürzung NSTOB steht für die Anfangsbuchstaben der Bundesländer und Städte, über die sich das Arbeitsgebiet erstreckt. Das sind Niedersachsen, SachsenAnhalt, Thüringen, Oldenburg und Bremen.) Die reale Zahl liegt nur bei etwa 652 000 Blutspendern, wodurch das Jahr mit einer Differenz von 43000 fehlenden Spendern beendet wurde. Im Vergleich zu 2021 (679500 Blutspender) sind 27 500 Spender weniger erschienen. Nach Baulkes Aussage sind die Bestände zu niedrig und müssten dringend wieder aufgestockt werden. Derzeit würden noch alle Klinikanfragen bedient werden können, doch die geringen Lagerbestände könnten schon in kurzer Zeit aufgebraucht sein.
In der Börde kümmern sich vor allem die beiden DRKKreisverbände Börde und Wanzleben um die Blutspendetermine. Die Beobachtungen ähneln sich. So stellt Niels Langhammer, Koordinator der Blutspende-Aktionen im DRK Kreisverband Börde, fest: „Einen sehr großen Rückgang der Spender können wir im Landkreis Börde gar nicht bestätigen. Es sind weniger geworden, aber es hält sich in Grenzen. Laut Statistik waren es 2020 bei 135 Terminen 7970 Spender und 2021 bei 142 Terminen 7375 Spender. „Durch Corona sind uns zum Beispiel die Spender an den Berufsschulen und im Ameos-Krankenhaus Haldensleben flöten gegangen. Grund dafür ist, dass wir wegen der Pandemie dort nicht rein durften", schildert Langhammer. Dafür habe es interne Aktionen mit den Mitarbeitern des Landratsamtes in Haldensleben gegeben. „Und nächste Woche sind wir wieder an der Berufsschule in Oschersleben", blickt der 39-Jährige voller Zuversicht voraus.
Sabine Tacke spricht für die vergangenen Jahre über einen stetigen Rückgang von durchschnittlich zwei Spendern je Blutspende. Verteilten sich im Jahr 2021 im Verbandsgebiet, das sich von Osterweddingen bis Kroppenstedt und Wefensleben erstreckt, noch 2121 Spender auf 54 Blutspendetermine, so waren es 2022 bei 55 Terminen 2025 Spender. „Das sind also 96 Spender über das Jahr weniger", so SabineTacke.
„Durch die Lockerungen der Hygienemaßnahmen bei unseren Blutspendeterminen erhoffen wir uns den benötigten Aufschwung, aber auch neue Blutspender", sagt der Pressesprecher. Bereits Mitte Dezember seien die Hygienemaßnahmen dem Pandemieverlauf angepasst worden. Ein Großteil der Maßnahmen konnte zurückgenommen werden. Seither seien keine FFP2Masken mehr nötig, sondern ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz (OP-Maske) reiche aus. „Wo der Imbiss separiert ausgegeben wird, können wir auch wieder einen Imbiss anbieten", fügt Sabine Tacke hinzu. Das wird auch gern - so wie in Wanzleben - als Möglichkeit für einen Plausch angenommen. Nicht nur, weil man sich nach der Blutspende ein bisschen Ruhe gönnen soll, bleiben die Spender noch eine Weile gemütlich sitzen.
„Wir beim DRK können ja den Leuten kein Geld für die Blutspenden auszahlen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Spender sich bei uns wohlfühlen und ihren Imbiss genießen. Zwei Jahre lang mussten wir wegen der Corona-Pandemie kontaktlos die Verpflegung in Tüten packen", erklärt Langhammer.
Großes Thema sei - nach den Ausführungen von Langhammer - die Erstspendergewinnung. „Erstspender kommen durch Bekannte, also meist durch Eltern und Freunde", weiß der Koordinator. Für die höheren Spenden - dem 25., 50. oder 100. Mal - gibt es zur Motivation Präsente.
Sabine Tacke kann das für das Verbandsgebiet des DRKKreisverbandes Wanzleben mit Zahlen belegen und hat Grund zur Freude: „In den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl der Erstspender kontinuierlich gesteigert, wir hoffen natürlich immer, dass daraus Dauerspender werden." 2021 waren es im Wanzleber Bereich 170 Erstspender, 2022 176. In Wanzleben hat sich am Mittwoch allerdings kein Neuling eingefunden. Als Anreiz, Blut zu spenden, gibt es nach Aussage von Sabine Tacke vom Blutspendeinstitut einen sogenannten „Heldenpott" für die 5., 10., 25. und neuerdings auch für die 50. Blutspende, der Wanzleber Kreisverband ehrt einmal jährlich zum Weltblutspendetag langjährige Blutspender im feierlichen Rahmen.
Wichtig sei auch das harmonische Miteinander mit den Blutspende-Teams „Wenn es dort Unstimmigkeiten gibt, würde es der Spender ja auch merken". erklärt Niels Langhammer.
Volksstimme, 20.01.2023 (Constanze Arendt-Nowak)