Telefonzelle hat es in sich
Deutsches Rotes Kreuz bietet in Osterweddingen Tauschbörse für Bücher an
Diese Telefonzelle hat es in sich. In diesem Fall mehr als 50 Bücher. „Die Bücherzelle auf dem Gelände des Rot-Kreuz-Zentrums Sülzetal hier in Osterweddingen ist eine ausrangierte Telefonzelle der Telekom. Sie hat noch die klassischen Telekom-Farben: Magenta und Weiß“, sagt Jens Fröhlich, Leiter des Pflegeheims „Rusches Hof“ des Deutschen Roten Kreuz (DRK). Dort, wo früher das Telefon war, sind heute Regalbretter angebracht, auf denen die Bücher stehen.
Das Prinzip der Bücherzelle ist einfach: Man kann Bücher, die man haben will, ausleihen oder behalten und Bücher, die man nicht mehr braucht, hinstellen für andere potenzielle Leser. „Man kann beispielsweise ein Buch mitnehmen und zu Hause durchlesen und wenn es ausgelesen ist, es wieder mitbringen. Es ist auch nicht schlimm, wenn man mal kein Buch zum Tauschen hat“, sagt Fröhlich.
„eigentlich sollte die Bücherzelle ein Treffpunkt sein, wo verschiedene Generationen miteinander ins Gespräch kommen“, berichtet Guido Fellgiebel, der Geschäftsführer im DRK-Kreisverband Wanzleben. „Doch jetzt macht uns Corona einen Strich durch die Rechnung.“ Er dankt den Ehrenamtlichen, die sich um die Bücherzelle kümmern, allen voran Margitta Falkenberg, die selbst an Heilig Abend noch einmal nach dem Rechten sieht.
„Die Leute stellen manchmal Einkaufsbeutel oder Kartons voll mit Büchern dort ab. Wir sortieren das, was zu abgegriffen ist, aus“, berichtet Falkenberg.
Die aussortierten Büche kommen in den Altpapiercontainer der nahegelegenen Kindertagesstätte, die für einen vollen Container noch ein paar Euros erhält. „Meines Wissens nach ist es die einzige Bücherzelle dieser Art in Osterweddingen“, sagt Fröhlich. Die Unterhaltungskosten für die Bücherzelle tendieren gegen null: „Weil sie bei uns auf dem Gelände steht, haben wir so gut wie keine laufenden Kosten durch die Bücherzelle“, sagt Jens Fröhlich. „Ich schaue regelmäßig nach, ob in der Bücherzelle alles im Lot ist – wir hatten auch noch keinen Fall von Vandalismus“. Weibliche Autoren und Autoren aus dem Ausland seien auch gut vertreten: „Hier gibt es alles querfeldein. Viele Romane, Krimis, Ratgeber und Lexika sind dabei“, berichtet Jens Fröhlich. Was für Bücher er sich noch wünscht? „Wir könnten noch mehr Kinder- und Jugendbücher gebrauchen, weil Großeltern oft reinschauen und gucken, ob sie etwas für ihre Enkelkinder finden.“ Wobei es mittlerweile eine Plastikkiste gibt, wo Kinder- und Vorschulbücher drin enthalten sind.
An Sitzmöglichkeiten zum gemütlichen Schmökern mangelt es nicht: Direkt, wenn man aus der Zelle rauskommt, gibt es einige Sitzmöglichkeiten oder man kann in den Park gehen, Auf dem Gelände von „Rusches Hof“ gibt es einen Pavillon, wo man gut sitzen kann. Wie lange wird es das Angebot noch geben? „Da gibt es kein zeitliches Limit. Wir machen das, bis die Telefonzelle auseinanderfällt“, sagt Jens Fröhlich.
Volksstimme, 29.12.2020 (Florian Lim)