Weniger Andrang zur Blutspende
Haben allein strengere Hygieneregeln Schuld, dass eine Versorgungslücke droht?
Statistisch gesehen braucht in Deutschland alle sieben Sekunden ein Patient eine Bluttransfusion. Bei Blutspendeaktionen wird dafür von Freiwilligen Blut gesammelt, Mitarbeiter des DRKBlutspendedienstes NSTOB sind dafür beinahe täglich im Landkreis Börde unterwegs. Die Abkürzung NSTOB steht dabei für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Oldenburg und Bremen und beschreibt das Territorium, in dem der Blutspendedienst tätig ist. Unterstützt wird er bei seiner Arbeit in der Börde von den beiden DRK-Kreisverbänden Börde und Wanzleben sowie von zahlreichen Ehrenamtlichen, unter anderem der DRK-Ortsverbände, vor Ort.
Doch bei allem Engagement sendet der DRK-Blutspendedienst jetzt einen Hilferuf. In einer Pressemitteilung ist von einer drohenden Versorgungslücke die Rede. Nico Feldmann, Regionalleiter für Sachsen-Anhalt und Thüringen, konkretisiert: „Die Bereitschaft zur Blutspende ist seit Beginn der Corona-Pandemie in Sachsen-Anhalt spürbar zurückgegangen. Im Vergleich zu 2019 ist der Terminschnitt, das heißt die erschienenen Spender pro Termin, um sieben Prozent gesunken." Diese Entwicklung sei fatal, da die entstehende Versorgungslücke durch andere Bundesländer ausgeglichen werden müsse.
Die Verantwortlichen der beiden DRK-Kreisverbände im Landkreis Börde haben zwar auch einen Rückgang der Blutspendebereitschaft seit Beginn der Corona-Pandemie festgestellt, möchten die Lage aber nicht dramatisieren. Wenn zum Beispiel Sabine Tacke, Verantwortliche für die Blutspenden beim DRK-Kreisverband Wanzleben, auf die Zahlen der vergangenen Jahre schaut, spricht sie von durchschnittlich zwei Spendern je Termin weniger im Jahr 2021 und in diesem Jahr wird es vermutlich wieder so sein. „2019 und 2020 hatten wir noch durchschnittlich 41 Spender je Termin, 2021 waren es 39 und dieses Jahr pegelt es sich wohl bei 37 ein", erklärt sie. Der DRK-Kreisverband Wanzleben betreut die Blutspenden in 14 Blutspendelokalen in den Orten im Umkreis von Wanzleben und zudem noch bei DHL und Amazon im Sülzetal.
Das Verbandsgebiet des DRK-Kreisverbandes Börde ist deutlich größer und umfasst nahezu die Altkreise Haldensleben, Oschersleben und Wolmirstedt. Nils Langhammer ist hier für den Bereich Blutspende zuständig und spricht von eigentlich stabilen Zahlen in den Blutspendelokalen. Und wenn es einmal Ausreißer gibt, hänge das im seltensten Fall damit zusammen, dass seit Pandemiebeginn verschiedene Vorsichtsmaßnahmen in den Spendelokalen beachtet werden müssen, wie seitens des Blutspendedienstes NSTOB geschildert wird. „Die Spender, die regelmäßig kommen, kommen auch, wenn sie die FFP2-Maske tragen müssen", so Nils Langhammer.
Eher ist es nach Aussage der Blutspende-Verantwortlichen der DRK-Kreisverbände die Corona-Erkrankung an sich, die sich auf die Spenderzahlen auswirkt. Oft haben diejenigen, die die Termine vor Ort absichern, in den vergangenen Monaten gehört, dass jemand nicht kommen kann, weil er entweder selbst positiv getestet war oder weil er sich aufgrund von Kontakt zu Coronapositiv-Getesteten in Quarantäne befand. Sabine Tacke kann sich vorstellen, dass auch bei den bevorstehenden Terminen dadurch noch einmal mit Einbrüchen zu rechnen ist - da eine weitere Corona-Welle in der kalten Jahreszeit nicht ausgeschlossen werden kann. „Man merkt es ja auch bei den Helfern, wenn die ausfallen", fügt sie hinzu.
Wie Mandy Oelke, verantwortlich für soziale Arbeit beim DRK-Kreisverband Börde, zu der auch die Blutspende gehört, gibt aber zu bedenken, dass die Blutspende gerade im ländlichen Bereich für viele nicht nur Helfen bedeutet, sondern auch ein Ort der Gemeinschaft und Kommunikation ist. Nicht zuletzt, um sich die früher angeratene Stunde Ruhe nach der Blutspende zu gönnen, hat man zusammengesessen und beim vorbereiteten Imbiss die Neuigkeiten ausgetauscht. Mit Pandemiebeginn waren zur Sicherheit diese Zusammenkünfte nicht mehr möglich, man bekam als Ersatz eine Lunchtüte für den Weg und ging auseinander.
Unter bestimmten Bedingungen - nämlich in separaten Räumen - lässt der DRK-Blutspendedienst NSTOB nun wieder einen Imbiss zu. „Wir versuchen da, wo es geht, den Imbiss wieder hochzufahren", so Mandy Oelke. Gleiches ist auch vom DRK-Kreisverband Wanzleben zu hören. „Wenn man aber nur Durchgangszimmer hat, ist das schwierig", so Sabine Tacke.
Vor allem aber wirken sich extreme Witterungserscheinungen oder die Urlaubs- und Ferienzeiten - ebenso wie vor der Pandemie - negativ auf den Erfolg der Blutspendeaktionen aus. Ein Beispiel dafür ist die Blutspendeaktion am 20. Juli in Wanzleben. Auch Stammspender blieben aufgrund der hitzigen Temperaturen an diesem Tag lieber zu Hause, so dass am Ende der vierstündigen Aktion statt der sonst hier üblichen 44 bis 57 Spender nur 34 registriert worden sind. Eine Sturmwarnung wirkte sich am 18. Februar negativ in Klein Wanzleben aus - statt der üblichen 30 Spender kamen nur elf. Die witterungs- und urlaubsbedingte Kurve nach unten war Nils Langhammer zufolge auch im West- und im Nordkreis zu beobachten.
Dennoch ist zu spüren, dass sich die, die sich im Landkreis Börde in der Blutspende engagieren, bei allen Vorsichtsmaßnahmen vor allem eins wünschen: Wieder mehr Normalität. Um die Mitarbeiter aus den DRK-BlutentnahmeTeams vor dem erhöhten Risiko einer Infektion zu schützen, gilt weiterhin die FFP2-Maskenpflicht im Blutspendelokal. „Nur so kann die aufwendige Logistik rund um die Blutspende sowie eine konstante Versorgung mit Blutpräparaten, aufrechterhalten werden“, teilt Nico Feldmann mit.
Der Impfstatus muss übrigens derzeit nach Aussage von Sabine Tacke bei der Anmeldung nicht mehr nachgewiesen werden.
Volksstimme. 20.10.2022 (Constanze Arendt-Nowak)